Cowboys
Cowboys gab es nur 15 Jahre
Der Cowboy ist seit etwa 150 Jahren eine zentrale Figur in der kulturellen Imagination, die ein romantisiertes Ideal von Männlichkeit, Härte und Freiheit verkörpert. Historisch betrachtet existierte die Figur des Cowboys jedoch nur in einem kurzen Zeitraum zwischen 1865 und 1880.
Aufgrund des Sezessionskrieges hatten viele Rancher ihr Vieh freigelassen, weil sie sich nicht mehr darum kümmern konnten. Diese Tiere vermehrten sich und bildeten wilde Herden, die durch das Land zogen. Cowboys – häufig ehemalige Sklaven ohne eigenen Besitz, Mexikaner und Ureinwohner – sahen hier eine Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie fingen die wilden Herden ein und verkauften sie. Ab den 1880er Jahren begannen die Rancher, ihre Weiden einzuzäunen, und die Erfindung des Stacheldrahts im Jahr 1873 beschleunigte diesen Prozess. Dadurch wurde der traditionelle Cowboy zunehmend überflüssig.
Die mythologische Aufladung des Cowboys begann erst 1883 durch Buffalo Bill und seine Westernshows, die sowohl in Amerika als auch in Europa große Popularität erlangten. Diese Inszenierungen trugen die nächsten dreißig Jahre maßgeblich dazu bei, den Cowboy zu einer der ikonischen Figuren der amerikanischen Kultur zu machen. Seitdem wird der Cowboy-Mythos in der Kunst, den Medien und im Alltagsleben immer wieder neu interpretiert. Ob in Rodeo-Veranstaltungen, beim Westernreiten, Reenactments, Tanzveranstaltungen, Westernfilmen, beim Karneval, in der Musik oder der Mode – die Figur des Cowboys spricht Menschen weltweit an, unabhängig von der historischen Realität.
Es gibt jedoch auch jene, die sich als die wahren Nachfahren der Cowboys betrachten: Farmer, Rinderzüchter und professionelle Rodeo-Reiter in den USA. In meiner Arbeit über Cowboys untersuche ich sowohl die Klischees als auch historische und aktuelle Realitäten dieser Figur und interpretiere sie im Hinblick auf Geschlechterrollen und die Wirkmacht von internationalen Interpretationen im medialen Kontext.
Like a Cowboy
In der Siedlung, in der ich aufwuchs, spielten wir oft nach der Schule draußen mit den anderen Kindern. Ich spielte gerne mit den Jungen und war meistens das einzige Mädchen in der Gruppe. Einmal kamen die Jungen auf die Idee, Cowboy und Indianer* zu spielen, die Rollen waren schnell verteilt. Alle waren irgendwelche Cowboys, Indianer waren nicht so angesagt. Ich wusste nicht viel über Cowboys und fragte, was ich denn sein könnte. Der Junge, den ich fragte, war etwas verzweifelt. „Du bist ein Mädchen,“ meinte er „Mädchen sind keine Cowboys“. Er überlegte angestrengt: “Ich weiß was“, sagte er begeistert, „du kannst Squaw sein!“, „Was ist das?“, fragte ich. „Du bist eine Indianerin.“ Die Jungs waren froh, eine Lösung gefunden zu haben, und fingen an, sich gegenseitig zu verfolgen und zu erschießen. Ich fand mich vor einem imaginären Tipi wieder, wo ich etwas mit Blättern oder so machen sollte. Das war wirklich langweilig. Nach einer Weile ging ich nach Hause.
* Der Ausdruck „Indianer / Indianerin“ hat eine rassistische Tradition. Seine Übernahme in diesen Text ist allein der Tatsache geschuldet, dass es sich hier um eine historische Quelle handelt.
The Silver Horse
© 2022 Ute Behrend 1:52min